Ich und mein Auto

Gut zwei Jahre ist es her, da bekam ich einen Anruf von der Werkstatt: „Wir haben Ihr Auto inspiziert und es sieht nicht gut aus. Die Reparatur ist leider aufwändig und teuer. Sie beträgt gut 800 Euro.“

Schockmoment. Das kann ich mir nicht leisten… die Semestergebühr steht an, die hohe Miete muss bezahlt werden und Berlin wird so wie so immer teurer. Jetzt noch 800€ locker machen? Unmöglich…

Also was tun? Verzweifelt frage ich im Freundes- und Bekanntenkreis herum. Tage vergehen und schließlich kennt jemand eine Werkstatt über drei Ecken, die es für die Hälfte macht. Die einzigen Haken: „JWD“ und eine ewig lange Wartezeit: Ungefähr zwei Monate müsste ich auf meinen fahrbaren Untersatz verzichten.
„Na gut“, denke ich, „dann muss es jetzt eben mal ohne Auto funktionieren. Andere kriegen das auch hin und sehr oft brauche ich es sowieso nicht. Und ich habe ja noch das Semesterticket und mein Fahrrad. Das muss reichen. Außerdem ist es gut für die Umwelt und gesünder obendrein.“

Gesagt – getan. Das Auto war weg und ich musste meinen Alltag umstrukturieren:
Wie transportiere ich jetzt 8 Volleybälle zum wöchentlichen Volleyballtraining? Vorher kullerten sie im Kofferraum herum, jetzt habe ich eine große Balltasche, die ich einfach auf den Rücken schnallen kann. Durch die kurze Fahrradtour bin ich gleich aufgewärmt. Das war leichter als gedacht.
Auf wöchentliche Großeinkäufe musste ich erst einmal verzichten. Es ging aber auch ohne, da ich jeden Tag ohnehin an einem Supermarkt vorbeikommen bin. Also auch kein Problem.
Der Rest war reine „Bequemlichkeit“: Mal schnell zur Uni gefahren, weil gleich die Vorlesung beginnt. Freunde besuchen und nicht auf den Nachtbus angewiesen sein. Den Arzttermin nicht verpassen, weil mir was dazwischengekommen ist. Oft hatte ich das Gefühl mit dem Auto „schneller“ unterwegs zu sein als ohne und konnte das Auto immer als inneren Notfallplan nutzen.
Jetzt im Nachhinein muss ich darüber fast schmunzeln. Denn oft musste ich früher noch einen Parkplatz suchen, Parkgebühren bezahlen, stand im Stau oder war einfach gestresst vom Verkehr, durch den ich mich durchkämpfen musste. Sonderlich „bequem“ war das nicht… und selten wirklich schneller. Zugegeben: die Umstellung und meine Gewohnheiten zu hinterfragen, war schon erstmal unbequem. Mir Gedanken machen, alles etwas anders planen, weil der Notfallplan Auto ja nicht mehr verfügbar war, solche Dinge…

So gingen die ersten Wochen ohne eigenes Auto ins Land. Und zu meiner Überraschung stellte sich nach der anfänglichen Angst und dem Misstrauen ein ganz neues Gefühl ein… nämlich ein Gefühl von mehr Freiheit!

Das klingt vielleicht etwas komisch, aber in diesen zwei Monaten ohne Auto habe ich Berlin teilweise neu entdeckt: Abkürzungen durch Parks, die fahrradfreundliche Strecke zum Lieblingssee, eine ganze Menge von interessanten Seitenstraßen und unbekannte Kieze. Das hat echt Spaß gemacht! Und wenn ich keine Lust aufs Fahrrad hatte, bin ich halt U-Bahn und Bus gefahren.
Parkplatzsuche, Reparaturen, Scheibenwasser auffüllen, Tanken, Stau und Verkehrsstress gehörten erst einmal der Vergangenheit an – und als das Auto dann wiederkam, blieb es auch dabei.

Das ist jetzt gut zwei Jahre her und seitdem steht es fast nur noch rum.

Ok… Ab und zu brauche ich es für größere Transporte oder den jährlichen Campingurlaub, aber für die laufenden Kosten, die ich bezahlen muss, könnte ich mir auch eins dafür leihen und wäre damit viel günstiger dabei.

Im Alltag brauche es nicht mehr. Ich fahre viel lieber Fahrrad, Öffis, gehe zu Fuß oder leihe mir eben das Fahrzeug, was ich gerade brauche. Hätte ich das vor zwei Jahren gewusst, hätte ich vermutlich das Auto gleich verschrotten lassen und mir die Kosten für Reparatur sparen können.

Aber genug von mir – jetzt kommst Du!

Im September starten wir unsere Umparkerkampagne – dabei können 30 Personen aus Schöneberg Nord ausprobieren, wie es ist, das eigene Auto für 4 Wochen abzugeben und den Alltag mit verschiedensten anderen Mobilitätsformen zu (er)fahren. Hierfür erhalten die Teilnehmer_innen eine Vielfalt von Gutscheinen unterschiedlichster Mobilitätsanbieter (von der U-Bahn bis zum E-Car-Sharing). Hätte ich das vor 2 Jahren gemacht, wäre mein Umstieg wahrscheinlich noch einfacher gewesen!

Also jetzt die Chance nutzen! Mach mit, entdecke Berlin neu und starte in Deine autofreiere Zukunft! Es lohnt sich!

Hier gibt es mehr Infos:
https://kiezerfahren.berlin/mitmachen/umparkerkampagne/

Diesen Beitrag teilen